Stolberger Nachrichten

Nr. 125 - Dienstag, 1. Juni 1993

"Beutemänner" zur Verfeinerung

Klassisches in neuem Gewand: Die Nöte der Amazonen als Gesellschaftssatire

Stolberg "Männer für Amazonien" war der Titel des Stückes, das die Theatergruppe des Helene-Weber-Hauses am Samstag im Kulturzentrum aufgeführt hat. Es spielt zur Zeit der Antike in einem Frauenstaat" indem nur Frauen leben, regieren und gebären. Anders als im klassischen Stück aber ist da gesamte Denken und Trachten jener Zierde des weiblichen Geschlechtes nur auf eines gerichtet: Männer! Dies ist dann auch Auslöser für das Verwirrspiel am Hofe von Amazonien.

Während eine der beiden regierenden Königinnen, gespielt von Claudia Bolz und Carmen Kahn, gegen Griechenland in den Kampf zieht, wird am Hofe schon - ein Sieg ist ja "selbstverständlich" über die Beute "Männer" verhandelt. In Amazonien werden Kriegsgefangene nur zur Fortpflanzung herangezogen, da die Amazonen sich hiervon die "Verfeinerung ihrer Rasse" versprechen.

Als die Königin von Amazonien, Penthesilea, von weiter Reise heimkommt, sieht sie sich den wißbegierigen Fragen der Daheimgebliebenen ausgesetzt. Jetzt stellt sich heraus, daß sie keine strategische Glanzleistung vollbracht hat. Sie konnte nur Achilles (Reinhard Weber) gefangen nehmen, der nicht gegen Frauen kämpft. Und ausgerechnet in den hat sie sich natürlich verliebt. Wenn. da nur nicht diese Goldene Regel der Göttin Artemis wäre, die den Amazonen höchstes Gebot und Richtschnur für die täglichen Entscheidungen ist! Diese besagt, daß eine Amazone sich in ihren Ehemann nicht verlieben und kein Wort zu ihm sprechen darf.

Die Mütter der Königinnen, Christine Heinrichs als Medusa und Christiane Bartmann als Myrrhyne, streiten bei dieser dürftigen Kriegsbeute darum, welche der Töchter den Achill zum Mann bekäme. Sie beschließen, daß er beide heiratet. Die Frauen des Landes wollen aber auch nicht leer ausgehen, veranstalten vor dem Palast eine Demo: "Wir wollen gebären!"

Die Priesterin Marpessa, Christiane Reimann, bringt das Problem auf den Punkt. "Wo bekommen wir neue Männer her?" Sie schlägt ein Projekt vor: Saisonarbeiter.

In der Zwischenzeit hat sich Odysseus (Markus Henz) als Köchin in den Palast geschlichen, um Achilles zu befreien. Er wird jedoch entdeckt Da aber die Königinnen mittlerweile kein Kind von Achtes wollen - es könnte ja ein Junge sein, der dann getötet werden müßte - entlassen die Amazonen ihre Gefangenen. "Der Göttin könnt Ihr dankbar sein, dass Euch so vieles erspart bleibt!" so die Priesterin.

Die Aufführung war ein großer Erfolg, der durch das Publikum im ausverkauftem Kulturzentrum mit Applaus bestätigt wurde. Von der Requisite bis zur schauspielerischen Leistung konnte die Theatergruppe mit anderen Gruppen im Gegenstand sehr gut mithalten.

(trio)

Amazonen gingen auf Männerfang:
Odysseus glänzte als Küchenfee

Theatergruppe des Helene-Weber-Hauses entführte in die Antike

Stolberg (azu). Die griechische Mythologie ist ja nicht immer einfach zu verstehen. Und sich durch Homers "Ilias" und "Odyssee" zu arbeiten, ist manchmal auch nicht das reinste Vergnügen. Wer die antike griechische Geschichte auf lehrreiche und zugleich unterhaltsame Weise hautnah erleben wollte, der war bei der Premiere des Stückes "Männer für Amazonien" am Samstagabend im Kulturzentrum genau richtig.

Antikes Verwirrspiel

Vor ausverkauftem Haus führte die Theater-AG des Helene-Weber-Hauses diese Komödie auf; die die Motive der griechischen Mythologie aufgreift und daraus ein antikes Verwirrspiel arrangierte. Etwas modernisiert sind sie dann schon, die Helden der griechischen Sagenwelt.

So muß sich Odysseus bis der Schwindel auffliegt als Küchenfee betätigen, während Achilles gleich zwei Königinnen, Penthesilea und Hippolyte, zur Frau bekommen soll.

Achilles ist also im Land der Kriegerinnen äußerst begehrt, kein Wunder, denn er ist bis auf Odysseus, der sich noch versteckt hält, schließlich das einzige männliche Wesen bei den Amazonen.

Als ihre Königin Penthesilea in den trojanischen Krieg zieht, hoffen die Amazonen ein paar Kriegsgefangene für sich und zur "Verfeinerung ihrer Rasse" zu erhalten. Umso größer ist die Enttäuschung, als Penthesilea, nicht gerade mit Ruhm überhäuft, vom trojanischen Krieg heimkehrt und statt der versprochenen Gefangenen nur Achilles mit sich führt. Zu allem Übel hat sie an diesen tapferen Krieger auch noch ihr Herz verloren. Aber lieben darf sie ihn nicht. Die Gesetze der Götter sind hart.

Strich durch die Rechnung

Und die Göttin der Amazonen, Artemis, macht der Königin einen Strich durch die Rechnung. Denn ihr oberstes Gebot lautet, daß eine Amazone niemals einen Mann heiraten darf, den sie liebt. Da aber schon Myrrhyne und Medusa, die Mütter der beiden Königinnen, unter den Gesetzen der Göttin Artemis gelitten haben, beschließen sie Achilles beiden, Penthesilea und Hippolyte, zum Mann zu geben. Dagegen aber weiß Odysseus, der sich bis dahin zur Freude der Köchin als Mann entpuppt, zu intrigieren ...

Mit der Neuzeit gemixt

"Männer für Amazonien" - das ist eine Komödie, die zwar im Altertum spielt, die aber die heutige Zeit genauso ironisch beäugelt, wie die Antike mit ihren Göttern. So sind die Motive aus der griechischen Mythologie fast abenteuerlich mit neuzeitlichen Elementen gemixt, was nicht zuletzt den großen Unterhaltungswert des Stückes ausmacht. Das Publikum jedenfalls ließ keinen Zweifel an seiner Begeisterung für diese satirische Inszenierung der alten Sagen. Mit dröhnendem Beifall und Blumensträußen honorierten die Besucher die Leistungen der Akteure, die trotz ihrer Amateurhaftigkeit etliche Spuren von Professionalität unter Beweis stellten.

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